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Vorsorge

Die richtige Vollmacht

7.4.2025
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Jürgen Sinn
4 Minuten

Testament, Vorsorge-Vollmacht, Patienten-Verfügung – wer verheiratet ist, benötigt eine andere rechtliche Vorsorge als Verwitwete, Geschiedene, Singles oder Paare ohne Trauschein. Doch welche Vollmacht ist für wen sinnvoll bzw. notwendig?

Illustration: shutterstock/Alexander Limbach

Zusammenfassung

Vorsorge-Bestimmungen wie Patientenverfügung, Vorsorge-Vollmacht und Testament sind essenziell, um im Krankheitsfall oder nach einem Unfall Entscheidungen zu regeln. Ehepartner und Kinder haben oft kein automatisches Entscheidungsrecht. Individuelle Lebensumstände bestimmen den Vorsorgebedarf. Regelmäßige Überprüfung und Beratung sind wichtig, um Fehler zu vermeiden.

Kaum jemand beschäftigt sich gerne mit der Frage, was ist bzw. wer entscheidet, wenn man dies nach einem Unfall oder wegen einer Krankheit nicht mehr kann. So ist es auch kaum verwunderlich, dass nur wenige Menschen entsprechende Vorsorge-Bestimmungen wie Patientenverfügung, Vorsorge-Vollmacht oder auch ein Testament tatsächlich getroffen haben. Dennoch ist dies außerordentlich wichtig! Denn wer nichts unternimmt, riskiert, dass dann die gesetzlichen Regeln greifen, dass also z.B. ein Gericht entscheidet, wer einen betreut und damit letztlich z.B. sagt, wo und wie man lebt.

Partner und Kinder dürfen nicht entscheiden

Ganz wichtig, weil es ein weit verbreiteter Irrtum ist: Der Ehepartner bzw. die Kinder dürfen viele Dinge gar nicht entscheiden bzw. würden in einer Klinik noch nicht einmal Auskunft bekommen. Auch wenn es für Ehepartner inzwischen ein sogenanntes Notvertretungs-Recht gibt – dieses gilt nur maximal 6 Monate und regelt nur wenige Dinge. Und: Kinder haben grundsätzlich kein Vertretungsrecht für ihre Eltern.

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"Ich kann nur jedem raten, rechtzeitig vorzusorgen und sich zu Testament, Vorsorge-Vollmacht und Patientenverfügung beraten zu lassen."

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Miguel Krag

Fachanwalt für Erbrecht in der Kanzlei Kohnen & Krag, Hamburg

Auch wenn es viele Vorsorge-Bestimmungen gibt – ganz entscheidend sind drei bzw. vier Dinge:

  • Eine Patientenverfügung, die regelt, welche medizinischen, auch lebensverlängernden Maßnahmen man möchte.
  • Eine Vorsorge-Vollmacht, die bestimmt, wer für einen entscheiden soll, wenn man das selbst, z.B. auch nach einer OP, nicht mehr kann.
  • Ein Testament, in dem geklärt wird, wer was wie erben soll. Und auch wenn man wenig oder nichts zu vererben hat, sind die Regeln wichtig, weil diese über den eigenen Tod hinauswirken.
  • Hinzu kann eine Betreuungsverfügung kommen.

73%

der Bundesbürger empfinden das Vorsorge-Recht als kompliziert; 64% beschäftigen sich ungern mit den Themen Vorsorge und Erbe, obwohl 41% der Bundesbürger sich wünschen, dass es mehr Offenheit bei diesen Themen geben müsste.

Ganz wichtig dabei: Die Art und der Inhalt von Vorsorge-Bestimmungen hängen in erster Linie von der individuellen Lebens-Situation ab; Paare haben andere Voraussetzungen und Wünsche als kinderlose Verwitwete; Eltern mit kleineren Kindern andere als Singles.

Die wichtigsten Vosorge-Dokumente

Natürlich gibt es Menschen, die diese Dinge in einem Rutsch klären. Man kann das auch Stück für Stück angehen. Wichtig ist, alle Vorsorge-Bestimmungen lassen sich zuhause machen, auch ein Testament. Sinnvoller aber ist es, sich jeweils genau beraten zu lassen, z.B. durch einen Notar, so dass sich keine Form-Fehler einschleichen. Vor dem Aufsetzen einer Patientenverfügung z.B. ist es ratsam, mit dem Hausarzt bzw. der Hausärztin zu sprechen, um gerade die Besonderheiten einer medizinischen Notfall-Versorgung zu kennen.

Die entscheidenden Fragen

Wer Vorsorge-Bestimmungen aufsetzt, sollte deshalb planmäßig vorgehen. Die erste und wichtigste Frage dabei: Wie sieht der individuelle Vorsorge-Bedarf aus? Wo lauern persönliche Risiken, die eine Vorsorge minimieren bzw. ausschalten will? Es hängt also sehr von den Lebensumständen ab. Aber auch von den persönlichen Wünschen – z.B. wem vertraut man, dass der- bzw. diejenige für einen finanzielle Dinge regelt, wenn man selbst dazu nicht mehr in der Lage ist? Ist womöglich ein Familienfremder viel eher geeignet, eine Betreuung zu übernehmen, als der eigene Sohn, der mit Familie, Job und sonstigem häufig überfordert wirkt?

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"Wenn es keine entsprechende Vorsorge gibt, können Gerichte eine gesetzliche Betreuung anordnen, trotz des neuen Notvertretungsrechts."

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Verena Querling

Verbraucherzentrale NRW

Deshalb ist das Gespräch mit Angehörigen, aber auch Freunden, der erste Schritt, um die Vorsorge zu regeln. Natürlich fällt ein solche Gespräch nicht leicht. Dennoch ist es unerlässlich mit dem Partner, aber auch den Kindern zu besprechen, was im Fall der Fälle geschehen soll. Deshalb auch z.B. Angehörige informieren, ob und welche Vorsorge-Bestimmungen man aufgesetzt hat – und in welchem Ordner diese zu finden sind.

Andere über Vorsorge informieren

Sinnvoll ist darüber hinaus, dass Vorsorge-Bestimmungen an offiziellen Stellen verwahrt werden, also z.B. beim Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (www.vorsorgeregister) bzw. als notarielles Testament beim Amtsgericht. So wird z.B. sichergestellt, dass für den Fall der Fälle auch Kliniken schnell Klarheit haben, dass z.B. eine Patientenverfügung bzw. eine Vorsorgevollmacht vorliegt, um sich an die dort getroffenen Wünsche zu halten.

Wichtiger Ausgangspunkt für jede Vorsorge sollte zuvor sein, sich selbst einen genauen Überblick zu verschaffen und dies auch zu notieren. Also: Bei welchen Banken gibt es Konten? Welche Risiken sind bisher über Versicherungen abgedeckt? Welche finanziellen Vorsorge-Ansprüche (z.B. Renten, Geld-Zahlungen) bestehen wo? Welche Verträge gibt es darüber hinaus, aus denen sich Zahlungs-Verpflichtungen ergeben? Genauso wichtig: Jede Vorsorge-Bestimmung muss regelmäßig überprüft werden, ob die gewünschten Dinge so noch aktuell sind. Sinnvoll ist, dies einmal jährlich zu machen. Bei Patientenverfügungen ist es sogar ratsam, dass Hausärzte z.B. bei den jährlichen Checkups, die Aktualität bestätigen. Dadurch wird dann vermieden, dass die, womöglich vor Jahren getroffenen, Entscheidungen angezweifelt werden.